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Gespräche über den Graben (IV)

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– Vierter und letzter Teil der Diskussion zwischen Florian K. und mir | Erster Teil | Zweiter Teil | Dritter Teil

IV. Rechts und Links

GB: Nun möchte ich eine Rückfrage stellen. Ich habe in den letzten Kommentaren dargelegt, wie ich die Dinge sehe und wie ich zu meinen Ansichten komme. Ich würde nun gerne auch Sie etwas fragen.
Weiter oben im Kommentarbereich schreiben Sie: “Die einzigen, die hier diesen Zusammenhang ’stramm/rechts/katholisch = Braun’ herstellen, sind die werten Kollegen aus dem rechtskatholischen Lager.” Diese Einschätzung teile ich nicht. Die entsprechende Assoziation schwingt meines Erachtens im deutschsprachigen Raum sehr oft mit, sobald das Wort “rechts” auftaucht (bisweilen reicht auch schon das Wort “konservativ” aus). Im Deutschen haben wir zwischen links und rechts sprachlich keine Symmetrie wie etwa im Französischen mit gauche und droite. “Rechts” fungiert auch eher selten als Eigenbezeichnung, sondern ist eher ein Kampfbegriff – was ja erstmal legitim ist.

Dabei ist natürlich den intelligenteren Linken klar, dass es zwischen “Stiefelfaschisten” und intellektuellen Neurechten, zwischen katholischen Traditionalisten und Trachtlern große Unterschiede gibt. Mir als Berliner Katholik z.B. stehen Nazischläger aus dem ostdeutschen Kaff sehr, sehr viel ferner als Linksalternative. Trotzdem werde ich durch den gemeinsamen Oberbegriff “rechts” mit den Nazischlägern in eine Kategorie gepackt.

Das alles wäre für sich genommen auch noch nicht so tragisch. Unter dem Oberbegriff “links” finden sich ja auch sehr viele unterschiedliche Strömungen. Da Sie die Verfassung schätzen, nehme ich z.B. an, dass Sie mit militanten Autonomen auch nicht viel am Hut haben – und trotzdem würde ich Sie beide als “links” bezeichnen.
Nun hat aber “rechts” nicht die gleichen Konnotationen wie “links”. Links ist erstmal ein weitgehend wertfreier Begriff. Mir ist es nur einmal in einem bayerischen Dorf passiert, dass ich wegen meiner Angewohnheit, das Besteck zu halten, als “Linker” bezeichnet wurde und das vehementen Widerspruch hervorrief, denn “Linker”, das klänge so abwertend. Aber außerhalb der tiefsten Provinz und in den Medien klingt “links” heute nicht mehr abwertend. Mit “rechts” ist das anders. Dort schwingen immer alle Schattierungen bis hin zu “rassistisch”, “gehört verboten”, “gerade bei unserer Geschichte” usw. mit. Selbst wenn das nicht explizit so formuliert wird.

Das führt dazu, dass eine sachliche Auseinandersetzung, wie wir sie hier führen konnten, meistens nicht möglich ist. Der Umgangston ist bereits von Anfang an (von beiden Seiten) aufgeladen, und eine Haltung à la “mit denen diskutiere ich grundsätzlich nicht” ist oft auch schnell da. Eine inhaltliche Auseinandersetzung ist nicht gewollt – und das finde ich, nett gesagt, etwas bequem, oder weniger nett gesagt, spießbürgerlich. Auch der Spießer geht allem aus dem Weg, was sein eigenes Weltbild in Frage stellt.

Was mich betrifft, so habe ich von Linken sicher ebensoviel gelernt wie von Rechten, Konservativen, oder von apolitischen Menschen. Christoph Schlingensief, Thomas Bernhard, Heinrich Heine, Hakim Bey, Jean-Luc Godard, Hans Magnus Enzensberger, Th. W. Adorno oder Alfred Döblin haben mir viel gegeben und meine Weltsicht mitbeeinflusst.

Leute, die sich dieser Erfahrung nicht aussetzen, sich auf etwas ganz Fremdes einzulassen und sich davon verändern zu lassen, finde ich tendenziell langweilig – egal ob sie Linke sind oder Katholiken. Solche Leute neigen auch gerne dazu, relativ indifferent mit dem Zeitgeist mitzuschwimmen und heute Hosianna und morgen Kreuzige zu rufen, bzw. sich vorgestern den Nazis, gestern der SED und heute der Demokratie anzudienen.

Nun – nach langer Einleitung – meine Frage: Warum gibt es unter den Linken, die sich ja sicher nicht als Spießer sehen, so wenig Bereitschaft, sich auf “Rechte” einzulassen? Warum wird sofort eine geistige Mauer hochgezogen, die jedes Gespräch verhindert? Natürlich gibt es genügend Menschen und Äußerungen von rechter Seite, die eine Auseinandersetzung nicht lohnen. Klar. Aber das ist überall so. Mich interessieren auch 95 % der Linken nicht. Aber dann gibt es ja immer noch die anderen 5%.

FK: Ich persönlich gebrauche den Begriff „rechts“ durchaus pejorativ und finde es auch sinnvoll, den Begriff so zu gebrauchen, da ich ihn mit Ansichten assoziiere, die ich als diskriminierend empfinde. Dass dies wohl von vielen Linken so empfunden wird, könnte einer der Gründe sein, warum manche Linke gegenüber Rechtskonservativen die Schotten dichtmachen, was ich selbst aber bedauerlich finde. Denn nur wer sich auf eine Diskussion einlässt, kann auch überzeugen.

Der Einschätzung allerdings, der Begriff „rechts“ werde allgemein in unserer Gesellschaft oder unseren Medien vorwiegend pejorativ gebraucht, kann ich nicht zustimmen. Ich halte es für eine weitverbreitete Strategie sowohl des rechtskonservativen als auch des rechtsradikalen Spektrums, sich als Opfer eines imaginierten linken Mainstreams zu stilisieren.

GB: Bei vielen Angehörigen dieses “Spektrums” ist das aber keine (unaufrichtige) Stilisierung, sondern eine subjektiv tatsächlich so gemachte Ohnmachtserfahrung.

FK: Solche Ohnmachtsgefühle erleben viele Leute, egal ob links oder rechts, die in ihren Ansichten radikal vom gesellschaftlichen Konsens abweichen, einfach weil die Mehrheit diese Meinungen nicht teilt. Ich denke, es könnte unter anderem mit diesem Gefühl zu tun haben, dass radikale Linke und Rechte gleichermaßen die Demokratie mit Mehrheitsentscheiden ablehnen.

GB: Da haben Sie wahrscheinlich recht. Dabei ist aber sicherlich nicht das eine Auslöser für das andere oder umgekehrt, sondern es ist beides Ausfluss einer Lebenseinstellung, die dem Individuellen, dem Abseitigen, dem Ungewohnten und Verrückten mehr zugeneigt ist als dem Konsens und dem Kompromiss. Ich selbst habe diesbezüglich nicht unbedingt ein Ohnmachtsgefühl, finde es manchmal auch angenehm: man ist ja nicht immer der böse Outlaw, sondern zuweilen auch der interessante Paradiesvogel – und generell ist es denke ich Aufgabe des Individuums, individualistischen Ansichten Gehör zu verschaffen. Insofern kann ich dem Gejammere vom “linken Mainstream” o.ä. nicht viel abgewinnen – ebensowenig natürlich dem Geraune von der “rechten Gefahr”…

FK: Für meine Begriffe ist der deutsche Mainstream in der Tat alles andere als links. Die auflagenstärkste Zeitung in Deutschland ist die Bild, der man nun wirklich alles vorwerfen könnte, nur nicht, dass sie in irgendeiner Hinsicht links wäre. Abgesehen davon unterliegen extrem linke Ansichten in unserer Gesellschaft mindestens den gleichen Repressionen, wie extrem rechte Ansichten. Es wird ja sogar die Linkspartei, die meiner Auffassung nach (abgesehen von einigen wirklich spinnerten geistigen Ausfällen), eine exzellente Oppositionsarbeit leistet, vom Verfassungsschutz überwacht.

Und dass „rechts“ nicht als Eigenbezeichnung, sondern nur als Kampfbegriff fungiert, wage ich dann doch zu bezweifeln. Man denke nur an die Aussage von Franz Josef Strauß, rechts neben der CSU dürfe es keine demokratisch legitimierte Partei geben, mit welcher er sich ja dazu bekannte, dass jeder der so weit rechts ist, dass er gerade noch als demokratisch durchgehen kann, eine Heimat in seiner Partei haben solle. Diese Aussage wurde und wird noch immer von Politikern der CSU bekräftigt. Die CSU positioniert sich ganz offen rechtskonservativ, ohne dass man ihr dauernd eine mit der imaginären „Nazi-Keule“ überbrät.

Viel dürfte da auch in Ihrer persönlichen Wahrnehmung liegen, was ja auch in folgendem Satz von Ihnen zum Ausdruck kommt: „Aber außerhalb der tiefsten Provinz und in den Medien klingt “links” heute nicht mehr abwertend. Mit “rechts” ist das anders.“

Nun leben Sie in Berlin und ich in Frankfurt, also in zwei sehr multikulturellen Metropolen. Überlegen Sie doch einmal welch großer Anteil von Deutschland aus dem besteht, was Ihnen und mir als „tiefste Provinz“ erscheinen mag und wo es eben (auch nach dem von Ihnen Gesagten) nicht so ist, wie Sie es als gesamtdeutsche Realität annehmen.

Das Schicksal des konservativen CDUlers, der aufgrund seiner politischen Zuordnung „rechts“ mit extremeren Rechten Kräften ein Stückweit in einen Topf geworfen wird, teilt unter umgekehrtem Vorzeichen auch ein JUSO, der durch seine politische Zuordnung „links“ mit Autonomen in einen Topf geworfen wird. Ich glaube, dies ist ein grundsätzliches Problem solcher dualer Begrifflichkeiten. Trotzdem muss ich da an eine sehr intelligente Textzeile der HipHop-Combo Freundeskreis denken: „Man sagt, es gebe viele Stufen grau, werdet nicht farbenblind“

Wenn ich mir die Diskurse an rechtskonservativen deutschen Stammtischen (und die meisten deutschen Stammtische, die ich erlebt habe, sind rechtskonservativ) so betrachte, bekomme ich noch immer den Eindruck, dass dort viele diskriminierende Positionen zum Beispiel in Bezug auf Frauen, nicht-heterosexuelle Personen, nicht-erwerbstätige Personen und fremde Abstammungen und Religionen bestehen. Einen ebensolchen Eindruck bekomme ich, wenn ich rechtskonservative Publikationen lese. Ich bin persönlich beruflich von vielen geradezu erzkonservativen Kollegen umgeben und im Gespräch mit diesen erlebe ich manchmal, welche irrationalen Ängste in deren Kreisen gegenüber allem bestehen, was fremdartig wirkt. (Muslime, Migranten, Drogennutzer, Punker u.s.w.) Aus dieser Angst erwächst eine feindliche Haltung gegenüber den als fremdartig empfundenen Personen und die Forderung nach einem autoritären Durchgreifen gegenüber diesen „Störenfrieden“. Und eben diese feindliche und autoritäre Haltung gegenüber anderen Lebensmodellen ist es, die ich weitesten Teilen der Rechten vorwerfe.

Des Weiteren scheint mir gerade ein gewisser rechter Autoritarismus in den Medien sehr en vogue zu sein, wie sich an den zahlreichen Formaten á la „Polizisten im Einsatz“, „Die strengsten Eltern“, „Deutschland Deine Ordnungshüter“ oder wie sie alle heißen, zeigt. Gegen die dort verbreiteten Welt- und Menschenbilder richte ich mich mit vollster Überzeugung.

Außerdem betrachte ich Entwicklungen in der Netzkultur mit Sorge, in denen rechtskonservative bis (für meine Begriffe) rechtsradikale Blogs offensichtlich an einer „konservativen Revolution“ arbeiten, deren erklärtes Ziel es ist, die mühevoll errungenen sozialen Fortschritte der 68er-Bewegung zurückzurollen. Mich gegen diese „konservative Revolution“ zu stellen, sehe ich als eine meiner zentralsten Aufgaben als linker Blogger.

GB: Bezüglich der Verbreitung rechtskonservativer Positionen in der Bevölkerung, gerade abseits der Metropolen, stimme ich Ihnen zu. Allerdings würden sich, denke ich, die wenigsten dieser Stammtischler das Etikett “rechts” aufkleben lassen wollen. Sie würden sich wohl eher als “ganz normal” bezeichnen (ich würde sie übrigens auch bestenfalls als bequemkonservativ bezeichnen, aber das steht auf einem anderen Blatt). Diese Leute lesen dann auch – trotz teilweise übereinstimmender Positionen – nicht die Junge Freiheit, sondern die Lokalzeitung, die Bild oder (zumindest war das in meiner bayerischen Heimat so) die Süddeutsche – eben die “normalen” Medien.

Und da kommt dann doch wieder die Etikettenfrage ins Spiel. Wenn die urbane Elite sich als “links” bezeichnet und die ländliche Mittelschicht, obwohl viele ihrer Ansichten durchaus konservativ sind, sich auch nicht als “rechts” bezeichnet, sondern als “normal”, dann stimmt etwas mit dem Begriff “rechts” nicht. Dann bezeichnet er etwas, was eigentlich niemand sein will (oder nur die wenigsten), und wird zu einem Sammelbegriff für Outlaws, gegen die er dann wiederum zur Stigmatisierung eingesetzt werden kann.

FK: Ich denke, dass politische Selbstetikettierungen insgesamt nicht mehr so beliebt sind und dies betrifft sowohl die Selbstetikettierung „rechts“, wie die Selbstetikettierung „links“. Dies ist natürlich auch historischen Schwankungen unterworfen und es mag durchaus sein, dass die Selbstetikettierung „rechts“ aktuell unbeliebter ist, als die Selbstetikettierung „links“. Aber auch der Begriff „links“ als Selbstbezeichnung hat stark an Beliebtheit verloren. Ganz bewusst bezeichnete Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder den Kurs seiner Partei ja nicht als „links“ (was er letztlich auch nicht war), sondern mit dem Begriff der „Neuen Mitte“.

Selbst wenn allerdings der Begriff „rechts“ nun wirklich in dem Maße pejorativ gebraucht würde, wie Sie das nun annehmen, stellte sich mir die Frage, ob dies nicht mehr als berechtigt wäre. Denn mit zu vielen Versuchen der Reetablierung oder stärkeren Etablierung (je nach Anschauungswinkel) der Selbstbezeichnung „rechts“ geht ja auch die Etablierung diskriminierender Positionen einher, wie ich in meinem letzten Post schon angeschnitten habe. Gerne mit dem Duktus „das wird man ja wohl noch sagen dürfen“. (untersstellend, irgendwer hätte einem verboten das zu sagen, was meist nicht einmal der Fall ist)

Anders gesagt: Ich habe nichts dagegen, wenn ein Mensch sich als „rechts“, „konservativ“ oder wasauchimmer bezeichnen möchte. Ich habe allerdings etwas dagegen, wenn ein Mensch im Zusammenhang mit dieser Selbstzuordnung antisoziale, rassistische, nationalistische, antidemokratische oder ähnliche Positionen vertritt.

Natürlich können Sie mir mit Recht entgegenhalten, dass es solche Ausfälle auch in linken Bewegungen und Parteien gab und gibt. Wenn sich Kreisverbände der Linken zum Beispiel einen Davidsstern mit darin eingeschlossenem Hakenkreuz auf ihre Homepage setzen, dann findet dies ebensowenig meine Zustimmung, wie die ausländerfeindliche Wahlkampagne unseres ehemaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch.

Jedoch scheint mir die Fähigkeit auch innerhalb der eigenen Szene Kritik zu üben in der linken Szene weitaus ausgeprägter. Der Duisburger Kreisverband der Linken, bekam für die beschriebene Aktion massivsten Gegenwind aus weiten Teilen der linken Szene und auch aus der eigenen Partei. Eine klare Abgrenzung gegenüber Rassismus, Homophobie, Sexismus u.s.w. vermisse ich hingegen in der rechten Szene meist.

GB: Es ist natürlich kaum verwunderlich, dass jemand (wie der Duisburger Linken-Kreisverband), der Ansichten äußert, die der Szene krass zuwiderlaufen, dafür in der Szene kritisiert wird. Das gibt es sicher überall. Als ich auf meinem Blog einmal eine angeblich blasphemische Produktion am Hamburger Thalia-Theater verteidigt habe, ist mir von meinen katholischen Bloggerkollegen auch eisiger Gegenwind ins Gesicht geschlagen. Wichtiger finde ich, dass man innerhalb einer Szene auch Kritik an vermeintlichen Konsenspunkten üben kann. Das gibt es im konservativen bzw. katholischen Spektrum durchaus, und damit komme ich auch zu Ihrer Frage, ob es klare Abgrenzungen nach Rechts gäbe – als ein Beispiel würde ich den Blogger “Morgenländer” nennen, der durchaus sehr konservativ eingestellt ist und regelmäßig Dichter und Denker aus dem Umkreis der Konservativen Revolution porträtiert, und dennoch hier in scharfen Worten die Situation der Asylbewerber in Deutschland anprangert. Inwieweit es solche innerszenische Kritik auch im linken Milieu gibt, weiß ich nicht – mir fällt spontan Christa Müller und ihre Verteidigung von Bischof Mixa ein, obwohl ich ihre Gedankengänge schon damals nicht verstanden habe.

Aber mir scheint, dass wir uns in der Diskussion etwas im Kreis drehen – was auch kaum verwunderlich ist, wenn man nur über Worte [links und rechts] diskutiert.

FK: Ja… ich denke, Sie haben Recht. Die Diskussion beginnt sich im Kreis zu drehen. Das liegt wohl daran, dass viele Punkte wirklich auch ausdiskutiert sind und es nun am interessierten Leser liegt, sich darüber eine Meinung zu bilden. Bei den Punkten, die nicht ausdiskutiert sind, müsste man wohl sehr tief in grundlegende philosophische und politische Fragen einsteigen, deren Diskussion wahrscheinlich den Rahmen dieses Kommentarbereichs sprengen und auch unser beider Zeit über die Maßen beanspruchen würde.

Ich freue mich aber auf jeden Fall, dass wir diese interessante Diskussion auf unserem Blog hatten, auch wenn mein grundlegendes Problem mit den auf eigentümlich frei vertretenen Ansichten und einigen dort schreibenden Personen weiterhin besteht.

GB: [Abschließend noch] eine eher persönliche Frage: ich habe oben eine Anzahl von eher linken Persönlichkeiten genannt, die mich beeinflusst haben. Gibt es das auch umgekehrt? Gibt es konservative/rechte Persönlichkeiten, egal ob aus der Gegenwart oder aus der Vergangenheit, die einen Linken wie Sie nachhaltig beeinflussen konnten?

FK: Da fällt es mir gar nicht so leicht zu antworten, was eventuell in meinem persönlichen Umgang mit Werken, die ich lese, liegt. Ich glaube, ich lasse mich insgesamt nicht gerne von irgendeinem Autoren beeinflussen, sondern habe immer die Tendenz mit dem Autor, den ich gerade lese, egal ob links oder rechts, im Geist zu disputieren und zu versuchen ihn zu widerlegen.
Trotzdem würden mir auf Ihre Frage zwei Personen einfallen, die ich nach dem von ihnen vertretenen Welt- und Menschenbild in irgendeiner Form rechts einordnen würde und die mich trotzdem nachhaltig beeindruckt haben.

1. Friedrich Nietzsche

Auch wenn ihm die Vereinnahmung durch die Nazis Unrecht tat, möchte ich ihn aufgrund seines Menschenbildes doch in dem gefragten Zusammenhang nennen. Trotz vieler Vorbehalte beeindruckte mich das geradezu gewaltige Maß seiner sprachlichen Ausdrucksfähigkeit und inhaltlich verbergen sich unter all seinen Seltsamkeiten durchaus viele Perlen.

2. Ayn Rand

Auch wenn ich mit ihren Haltungen prinzipiell nicht übereinstimme, muss ich sagen, dass ich „Atlas Shrugged“ mit großer Begeisterung gelesen habe. Und eine Autorin, die es schafft einen Schinken dieses Ausmaßes so zu gestalten, dass er nicht irgendwann anfängt zu langweilen, verdient Respekt. Zudem hat sie darin, wie wir uns manchmal zu Sklaven unserer eigenen Moralvorstellungen machen lassen, durchaus interessante Gedanken, die mir auch einen neuen Betrachtungswinkel für die Analyse des Verhaltens mancher Menschen in meinem Umfeld lieferten.

GB: Vielen Dank für diese persönliche Anmerkungen – dass Sie gerade Ayn Rand erwähnen, ist natürlich eine besonders schöne Schlusspointe, denn obwohl ich für eifrei schreibe, habe ich mich nie mit ihr beschäftigt – und nun kommen Sie als eifrei-Kritiker mit ihr an…

So verschieben sich durch das Gespräch die am Anfang dem Anschein nach so festgefügten Positionierungen. Das ist schön und passiert leider viel zu selten.


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