Ach wenn sich die Leute doch auch mal in anderen Punkten Papst Benedikt zum Vorbild nehmen würden! Jetzt dankt auch Juan Carlos ab, nachdem letztes Jahr schon Beatrix und Albert von Belgien damit anfingen… nunja, es ist eigentlich nur konsequent, dass sich diese Königskarikaturen selbst demontieren, obwohl ich vor Juan Carlos immer noch die meiste Achtung hatte, nachdem er damals nach Ende des Franco-Regimes wirklich geschickt und tatkräftig regiert hat – auf eine Weise, wie es ein gewählter Präsident kaum könnte.
Nun gibt es in Europa nur noch fünf Monarchien, in denen der aktuelle Regent regulär nach dem Tod seines Vorgängers auf den Thron kam: Monaco (2005), Norwegen (1991), Schweden (1973), Dänemark (1972) und Großbritannien (1952). Dazu kommt Liechtenstein, wo Hans-Adam II. zumindest offiziell noch in Amt und Würden ist.
Dem stehen die sechs anderen europäischen Monarchien gegenüber, in denen der letzte Thronwechsel per Abdankung vonstatten ging: Andorra (dort gab es Cofürsten, die gemeinsam bis zu ihrem Tod herrschten, zum letzten Mal im Jahr 1771), Spanien (letzter im Amt verstorbener König 1885), Niederlande (1890), Luxemburg (1912), Belgien (1993), Vatikan (2005).
Zumindest die drei skandinavischen Monarchien könnten sich auf absehbarer Zeit dieser Liste anschließen, die britische, sobald Elisabeth unter der Erde ist, womöglich auch. Der aktuelle Potentat im Vatikan dürfte ebenfalls keine anderen Akzente setzen. Monaco und Liechtenstein kann ich nicht einschätzen. Abdankeritis ist ansteckender als die Masern.
Wie in anderen Bereichen der Gesellschaft wird auch hier der symbolische durch den funktionalen Zugang zur Wirklichkeit ersetzt. Ein Monarch ist alt und wird schwächer? Es ist effizienter, ihn auszutauschen. Der Nachfolger kann die Herausforderungen mit seiner Jugend besser meistern. Dass jeder Monarch ein Sinnbild Gottes ist und jede Abdankung eines Monarchen eine Abdankung Gottes symbolisiert, fällt dagegen nicht ins Gewicht. Wir leben nicht mehr in einer symbolischen Welt, die auf Gott hin optimiert ist, sondern in einer funktionalen Welt, die auf den Menschen hin optimiert ist. Das hat praktische Vorteile – doch sub specie aeternitatis verlieren wir das Bewusstsein, wer wir sind und wo wir hingehen.